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Sonntag, 5. Mai 2024

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„Wir brauchen mehr denn je technische Fachkräfte“

Was Energiesparchips bewirken, Investitionen, EU-Projekte, Fachkräftemangel, neuer Campus im Technologiepark: Im Gespräch mit Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG.

Am Infineon-Standort Villach wurden im Vorjahr über neun Milliarden Chips gefertigt. Wofür werden diese verwendet?
HERLITSCHKA: Der Großteil befindet sich zum Beispiel in Photovoltaik-Anlagen, Windrädern, in Motorsteuerungen im Auto oder Zügen, in Datenzentren oder im Handy. Wir stellen sogenannte Leistungselektronik her, also Mikrochips, die Energie so effizient leiten, dass möglichst wenig davon verloren geht. Damit können wir auch sehr viel CO2 einsparen und Emissionen reduzieren. Ein Beispiel: Die hier in Villach in einem Jahr gefertigten rund neun Milliarden Chips können in den digitalen Anwendungen rund sieben Millionen Tonnen CO2 einsparen.

„WIR SIND GUT IM PLAN“
Der Infineon-Standort Villach wurde um 1,6 Milliarden Euro ausgebaut. Grundstücke wären noch vorhanden. Sind in nächster Zeit weitere Investitionen vorgesehen – wenn ja, für welche Bereiche?
Die neue Chipfabrik fahren wir sukzessive hoch. Da geht es um komplexe Produktionsschritte, Prozesse, Anlagen und Systeme, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Wir sind gut im Plan und werden bis Ende 2024, Anfang 2025 in Vollauslastung sein. Investitionen am Standort evaluieren wir laufend auch mit Blick auf die Entwicklungen am Markt.

Infineon startete EU-Projekte für Leistungselektronik und Künstliche Intelligenz. Welche Überlegungen stehen dahinter?
Es geht um verantwortungsvollen Einsatz von Ressourcen, in gewisser Weise um den Ersatz von Ressourcen durch Intelligenz. Also „Mehr aus weniger“ zu schaffen und das gemeinsam mit 98 Partnern aus ganz Europa. In einem Projekt entwickeln wir die nächste Energiesparchip-Generation mit dem Halbleitermaterial Galliumnitrid. Die neuen Chips bringen mehr Leistung und verbessern die Energieeffizienz um 30 Prozent. Hochgerechnet können wir damit weltweit jährlich 218 Millionen Tonnen CO2 vermeiden. In einem zweiten Projekt geht es um Künstliche Intelligenz und wie wir mit intelligenter Datenvernetzung die Effizienz in der Fertigung und den Ressourcenverbrauch optimieren können. Wir vernetzen uns mit Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um auch sichere Lieferketten aufbauen können.

„ES FEHLEN 14.000 FACHKRÄFTE“
Der Fachkräftemangel entwickelt sich zu einem wirtschaftlichen Problem. Wie stark ist Infineon davon betroffen?
Der Mangel begleitet uns leider schon lange. Allein in der Elektronik und Informationstechnik fehlen in Österreich schon heute rund 14.000 Fachkräfte. Deshalb tun wir sehr viel, um jungen Menschen in ihrer Bildungswahl zu vermitteln, wie spannend und zukunftsrelevant Technik ist. Das sind Berufe mit einem großen Sinnbezug. Jede Ausbildung in Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften, jede Innovation in der Verfahrens- oder Materialtechnik, der Kreislaufwirtschaft, der Physik, Medizin- oder Elektrotechnik, bringt neue Lösungen hervor. Wir brauchen mehr denn je technische Fachkräfte für das Gelingen der Klima- und Energiewende.

„EIN ZEICHEN FÜR DIE ZUKUNFT“
Die Gemeinnützige Personalservice Kärnten GmbH errichtet im Technologiepark Villach einen hochmodernen Aus- und Weiterbildungscampus. Was erwartet sich Infineon davon?
Mit dem neuen Lehrlingscampus setzen alle Partner ein Zeichen für die Zukunft und die Weiterentwicklung der technischen Lehre. Ziel ist es, die Fachkräfte von morgen schneller und umfassender mit den Anforderungen der Fertigung der Zukunft vertraut zu machen. Ab Herbst 2024 gibt es hier ein Top-Umfeld mit neuester Ausstattung und praxisorientierten Lehrmethoden. Beim neuen Lehrlingscampus sind wir mit 1500 Quadratmeter der größte Mieter und bringen neue, hochmoderne Geräte mit ein.

EINE DOPPELLEHRE
„Lehre und Studium“ – Infineon verbindet eine technische Ausbildung und parallel dazu ein Studium an der FH. Welche Überlegungen stehen dahinter?
Das Modell richtet sich speziell an Menschen mit Matura der AHS und BHS. Es kombiniert die Doppellehre „Elektro- und Metalltechnik“ mit dem Studium „Systems Engineering“ an der FH Kärnten. Während es im Studium um die Theorie und Konzepte geht, steht im Betrieb der Erwerb von praktischen und handwerklichen Kenntnissen im Fokus. Da geht es um die Steuerung, Programmierung und Wartung komplexer Industrieanlagen. Derzeit absolvieren bei uns 18 Lehrlinge diese Ausbildung, davon die Hälfte junge Frauen.

„BESORGNISERREGENDE SPANNUNGEN“
Abschließend noch eine Frage mit Weltblick: Der Handelskonflikt zwischen China-USA wird zunehmend schärfer. Was bedeutet dies für ein global aktives Unternehmen wie Infineon?
Die zunehmenden Spannungen sind besorgniserregend. Aus zwei Gründen: Die Mikroelektronik ist eine globale Industrie. Bei einer global aufgestellten Industrie kann man Wertschöpfungsketten optimieren und Vorteile für die Kundinnen und Kunden erzielen. Das hat beispielsweise Handys und Computer für jeden von uns verfügbarer und billiger gemacht. Das heißt, wenn es hier zu Einschränkungen kommt, dann besteht die Gefahr, dass es damit auch Nachteile für die Konsumenten gibt. Und zweitens: Die größte Herausforderung ist gerade der Klimawandel. Das ist eine globale Frage, an der alle Länder und Regionen gemeinsame arbeiten müssen.

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Am Infineon-Standort Villach wurden im Vorjahr über neun Milliarden Chips gefertigt. Wofür werden diese verwendet?
HERLITSCHKA: Der Großteil befindet sich zum Beispiel in Photovoltaik-Anlagen, Windrädern, in Motorsteuerungen im Auto oder Zügen, in Datenzentren oder im Handy. Wir stellen sogenannte Leistungselektronik her, also Mikrochips, die Energie so effizient leiten, dass möglichst wenig davon verloren geht. Damit können wir auch sehr viel CO2 einsparen und Emissionen reduzieren. Ein Beispiel: Die hier in Villach in einem Jahr gefertigten rund neun Milliarden Chips können in den digitalen Anwendungen rund sieben Millionen Tonnen CO2 einsparen.

„WIR SIND GUT IM PLAN“
Der Infineon-Standort Villach wurde um 1,6 Milliarden Euro ausgebaut. Grundstücke wären noch vorhanden. Sind in nächster Zeit weitere Investitionen vorgesehen – wenn ja, für welche Bereiche?
Die neue Chipfabrik fahren wir sukzessive hoch. Da geht es um komplexe Produktionsschritte, Prozesse, Anlagen und Systeme, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Wir sind gut im Plan und werden bis Ende 2024, Anfang 2025 in Vollauslastung sein. Investitionen am Standort evaluieren wir laufend auch mit Blick auf die Entwicklungen am Markt.

Infineon startete EU-Projekte für Leistungselektronik und Künstliche Intelligenz. Welche Überlegungen stehen dahinter?
Es geht um verantwortungsvollen Einsatz von Ressourcen, in gewisser Weise um den Ersatz von Ressourcen durch Intelligenz. Also „Mehr aus weniger“ zu schaffen und das gemeinsam mit 98 Partnern aus ganz Europa. In einem Projekt entwickeln wir die nächste Energiesparchip-Generation mit dem Halbleitermaterial Galliumnitrid. Die neuen Chips bringen mehr Leistung und verbessern die Energieeffizienz um 30 Prozent. Hochgerechnet können wir damit weltweit jährlich 218 Millionen Tonnen CO2 vermeiden. In einem zweiten Projekt geht es um Künstliche Intelligenz und wie wir mit intelligenter Datenvernetzung die Effizienz in der Fertigung und den Ressourcenverbrauch optimieren können. Wir vernetzen uns mit Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um auch sichere Lieferketten aufbauen können.

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Der Mangel begleitet uns leider schon lange. Allein in der Elektronik und Informationstechnik fehlen in Österreich schon heute rund 14.000 Fachkräfte. Deshalb tun wir sehr viel, um jungen Menschen in ihrer Bildungswahl zu vermitteln, wie spannend und zukunftsrelevant Technik ist. Das sind Berufe mit einem großen Sinnbezug. Jede Ausbildung in Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften, jede Innovation in der Verfahrens- oder Materialtechnik, der Kreislaufwirtschaft, der Physik, Medizin- oder Elektrotechnik, bringt neue Lösungen hervor. Wir brauchen mehr denn je technische Fachkräfte für das Gelingen der Klima- und Energiewende.

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Die Gemeinnützige Personalservice Kärnten GmbH errichtet im Technologiepark Villach einen hochmodernen Aus- und Weiterbildungscampus. Was erwartet sich Infineon davon?
Mit dem neuen Lehrlingscampus setzen alle Partner ein Zeichen für die Zukunft und die Weiterentwicklung der technischen Lehre. Ziel ist es, die Fachkräfte von morgen schneller und umfassender mit den Anforderungen der Fertigung der Zukunft vertraut zu machen. Ab Herbst 2024 gibt es hier ein Top-Umfeld mit neuester Ausstattung und praxisorientierten Lehrmethoden. Beim neuen Lehrlingscampus sind wir mit 1500 Quadratmeter der größte Mieter und bringen neue, hochmoderne Geräte mit ein.

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„Lehre und Studium“ – Infineon verbindet eine technische Ausbildung und parallel dazu ein Studium an der FH. Welche Überlegungen stehen dahinter?
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