9.6 C
Villach
Dienstag, 19. März 2024

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

Im Gespräch mit Bezirksinspektor Patrick Fina: Die Hooligans des SK Rapid, Polizeieinsätze in Wien

Bezirksinspektor Patrick Fina (32), privat Hobbywinzer in Unterthörl, steht in Wien im Szenekundigen Dienst. Sein polizeiliches Einsatzgebiet: die Hooligans des SK Rapid.

Was gehört zu Ihrem Aufgabengebiet, wie sieht Ihr polizeilicher Alltag aus?
FINA: Unter der Woche erledige ich vor allem Büroangelegenheiten. Meine Außendienste beziehen sich in Wien vor allem auf sportliche Großveranstaltungen wie Fußball bis zur Regionalliga hinunter, Eishockey, aber auch Beachvolleyball oder Handball.

„SEHR SCHWIERIGE SITUATIONEN“
Bei welchen Einsätzen kann der Job psychisch belastend sein?
Da muss ich in erster Linie an meine Streifendienste und die schweren Verkehrsunfälle mit Todesfolgen denken, wenn Angehörigen die Todesnachrichten zu überbringen sind. Das sind sehr schwierige Situationen, die einem sehr in die Gefühlstiefe gehen. Äußerst belastend sind auch familiäre Tragödien, etwa Suizidfälle, wenn Kinder Mutter oder Vater tot vorfinden.

RUND 500 RISIKOFANS
Sie sind auch in Wien-Hütteldorf im Einsatz, wo vor allem bei den Heimmatches die Rapid-Hooligans oft nicht nur Lärm verursachen. Wie können die entfesselten Fans in Schach gehalten werden?
Genau dafür ist unsere Einheit da, der szenekundige Dienst in Wien. Hier geht es darum, Einsicht in die Fanszene zu bekommen, auszuloten, wie die Stimmung ist und so mögliche Problemstellungen im Vorhinein, also präventiv zu entschärfen, in dem wir etwa bei einem Derby die Routen der Fans eruieren und darauf unsere Einsatzplanung abstimmen und schauen, wo die jeweiligen Fans aufeinander treffen könnten. Ich bin beim Fußball derzeit vor allem für die Rapid-Szene abkommandiert. Insgesamt verstehen wir uns – unsere Einsätze erfolgen in zivil – als Bindeglieder zwischen Fans und der Polizei. Wir haben in Wien insgesamt rund 500 Risikofans in unterschiedlichen Gruppierungen – die einen sind beispielsweise extrem links gerichtet, die anderen rechts. Es geht uns darum, in konzentrierter Präventionsarbeit zu schauen, dass Spiele reibungslos ablaufen und nichts passiert, keine Unbeteiligten zu Schaden kommen oder Fahrzeuge demoliert werden.

AUCH AUSWÄRTS IMMER MIT DABEI
Wie verhält es sich mit den Rapid-Fans bei den Auswärtsspielen?
Wir sind – bei Derbys wesentlich mehr – mit bis zu neun Leuten immer mit dabei, natürlich auch bei den Auswärtsspielen, wo wir auch für die Streckensicherung zuständig sind. Auch bei den Begegnungen auf internationaler Ebene hängen wir uns Rapid an. Da arbeiten wir wegen sprachlicher Barrieren sehr eng mit der jeweiligen Exekutive vor Ort zusammen. Es werden gemeinsam Gefährdungsanalysen vorgenommen. Das läuft europaweit bestens, und wir können gegenseitig immer wieder dazulernen.

„VERSTEHEN UNS ALS ANSPRECHPARTNER“
Wie erleben Sie die Fans im direkten Kontakt?
Also, im Grunde ist unser Zugang zu den Fans gut. Viele nutzen unsere Anwesenheit auch dazu, um ihre Probleme zu erörtern und loszuwerden, auch ihre privaten. Da geben wir unter anderem Auskunft darüber, was zu tun ist, wenn jemand seinen Führerschein verliert oder jemand vielleicht Drogenprobleme hat. Das heißt, wir verstehen uns auch als Ansprechpartner. Die meisten Fans wissen das.

„ERLEBNISORIENTIERTE FUSSBALLFANS“
Warum sind Hooligans aggressiv?
Einen Hooligan würde ich nicht als aggressiv bezeichnen, im Moment eher als erlebnisorientierten Fußballfan. Es passiert heute in Österreich nur noch sehr selten, dass etwa Bänke oder Anderes geworfen werden. Es ist jedoch klar, dass die Fans Aufmerksamkeit erregen wollen, über Pyrotechnik, Rauchtöpfe, Provokationen oder Becherwürfe. Wir haben jedoch festgestellt: Wenn es den Menschen wirtschaftlich gut geht, nehmen auch ihre Aggressionen ab. Damit spiegelt sich in den Stadien auch die jeweilige gesellschaftliche Situation wieder. Das heißt, wer im Beruf steht, ist friedlicher, weil er ja etwas zu verlieren hat.

Wenn es den Menschen gut geht, nehmen im Stadion auch ihre Aggressionen ab.

Bezirksinspektor Patrick Fina

„VÖLLIG NACKT AUF DER STRASSE“
Der Polizeialltag ist sicherlich auch mit viel Routine verbunden. Gab oder gibt es auch lustige Ereignisse, wenn ja, welche?
Bei Vollmond müssen wir stets darauf gefasst sein, dass etwas passiert, über das man auch schmunzeln kann. Da ist zum Beispiel einer völlig nackt die Straße auf und ab gelaufen. Oder es wird uns, weil eine Tür offenstand, ein Wohnungseinbruch gemeldet. Wir schauen vorbei und finden ein Paar schlafend vor, das sich dann wahnsinnig erschreckt, weil die Polizei vorm Bett steht. Es wurde vergessen, die Wohnungstüre abzuschließen.

Das Rapid-Stadion, vor allem der „Block West“, verwandelt sich mitunter in einen Hexenkessel.
Das Rapid-Stadion, vor allem der „Block West“, verwandelt sich mitunter in einen Hexenkessel.

Was ist in ihren Augen der wichtigste Aufgabenteil der Polizei?
Das ist für mich vor allem die Präventionsarbeit, die leider nicht messbar ist.

„ES GEHT AUCH UM SELBSTSCHUTZ“
War es bei einem Ihrer Einsätze schon einmal nötig, die Schusswaffe einzusetzen?
Gott sei Dank nicht! Gezogen wird die Waffe aber praktisch bei jedem Einbruchsalarm, weil es dabei auch um den Selbstschutz geht. Es kann ja niemand wissen, was uns vor Ort erwartet.

Welche beruflichen Ziele haben Sie noch im Auge?
Nachdem der Polizeidienst ein sehr vielseitiger Job ist, gibt es hier auch sehr viele Aufstiegsmöglichkeiten. Auf jeden Fall möchte ich im Szenekundigen Dienst bleiben und schauen, dass ich mich in diesem Bereich weiterentwickle.

Ähnliche Artikel

- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img

Beliebte Berichte