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Samstag, 4. Mai 2024

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

Zwickts mi

Mit fünfzehn nahm ich meinen ersten Ferialjob an. Eins, zwei drei, als wäre nix dabei ließ mich der Arbeitgeber nach Belieben in den Gatsch hupfen und Wellen schlagen. Den Lohn trug ich nicht etwa in ein Ba-Ba-Bankinstitut, sondern geradewegs in die Bar meines Vertrauens. Der Praktikantenlohn wurde so vor einem der letzten Wurlitzer zum Bar-Geld, ein Teil davon zum Trink-Geld und somit wiederum zum Kapital für die soziokulturelle Entwicklung eines heranwachsenden Österreichers.

Eingehüllt in eine Wolke Pitralon hat sich der Soundtrack in jener Bar bis heute nicht wesentlich verändert. Der Gedanke, das Böse könnte immer und überall sein, stößt vielen sauer auf, denen ihr wohlverdientes Feierabendbier an der Oberlippe klebt. Der sodbrennende Hut treibt die Gemüter um und eine leise Böh bläst das Echo von der Höh: „Mei Bargeld is ned deppat!“. Wochenlang stehen sie schon da. Und wochenlang plag ich mich ab, weil ich auch nach eingehender Recherche keine Bestätigung der Headlines finde, die das Bargeld ganz konkret zur Fata Morgana erklärt. Abara Kadabara und es war nicht mehr da – das spielt sich so nicht. Weil aber ein Skandal ganz normal ist und die Karriere fördert, geistert diese künstlich aufgespritzte Diskussion nun durch die Schanigärten, so dass man die Bilderbücher allesamt beim Fenster hinaushauen möchte.

Fakt ist, eine Obergrenze für die Zahlung mit – nicht für den Besitz von – Bargeld wird tatsächlich diskutiert. Entlang der Strada del Sole gilt diese bereits seit mehreren Jahren, und das mit guten (Ab-)Gründen. Auch hierzulande müssen Zahlungen großer Barbeträge gemeldet werden, sofern man die Schrittfolge des Tango korrupti nicht im Schlaf beherrscht und unter der Hand Kuverts zusteckt, dass jeder seine Ohren anlegt. Da macht es schon stutzig, wenn ausgerechnet politische Vertreter die irrationale Angst einer Abschaffung schüren, die selbst bis zu den Waden in einem Kuhfladen stehen. Wurlitzer mit Münzeinwurf gibt es zwar schon lange keine mehr. Doch jeder, der auf einen schnellen Kaffee gehen, mit einem Jagatee den Schnee erst so richtig schee machen oder ungestört ein paar Buchteln und ein Bier genießen möchte, sei beruhigt: Niemand muss gezwickt werden, auch wenn man meint, man träumt.

Simon Martinschitz MA
Agentur für Kommunikation & Text
www.martinschitz.at

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Zwickts mi

Mit fünfzehn nahm ich meinen ersten Ferialjob an. Eins, zwei drei, als wäre nix dabei ließ mich der Arbeitgeber nach Belieben in den Gatsch hupfen und Wellen schlagen. Den Lohn trug ich nicht etwa in ein Ba-Ba-Bankinstitut, sondern geradewegs in die Bar meines Vertrauens. Der Praktikantenlohn wurde so vor einem der letzten Wurlitzer zum Bar-Geld, ein Teil davon zum Trink-Geld und somit wiederum zum Kapital für die soziokulturelle Entwicklung eines heranwachsenden Österreichers.

Eingehüllt in eine Wolke Pitralon hat sich der Soundtrack in jener Bar bis heute nicht wesentlich verändert. Der Gedanke, das Böse könnte immer und überall sein, stößt vielen sauer auf, denen ihr wohlverdientes Feierabendbier an der Oberlippe klebt. Der sodbrennende Hut treibt die Gemüter um und eine leise Böh bläst das Echo von der Höh: „Mei Bargeld is ned deppat!“. Wochenlang stehen sie schon da. Und wochenlang plag ich mich ab, weil ich auch nach eingehender Recherche keine Bestätigung der Headlines finde, die das Bargeld ganz konkret zur Fata Morgana erklärt. Abara Kadabara und es war nicht mehr da – das spielt sich so nicht. Weil aber ein Skandal ganz normal ist und die Karriere fördert, geistert diese künstlich aufgespritzte Diskussion nun durch die Schanigärten, so dass man die Bilderbücher allesamt beim Fenster hinaushauen möchte.

Fakt ist, eine Obergrenze für die Zahlung mit – nicht für den Besitz von – Bargeld wird tatsächlich diskutiert. Entlang der Strada del Sole gilt diese bereits seit mehreren Jahren, und das mit guten (Ab-)Gründen. Auch hierzulande müssen Zahlungen großer Barbeträge gemeldet werden, sofern man die Schrittfolge des Tango korrupti nicht im Schlaf beherrscht und unter der Hand Kuverts zusteckt, dass jeder seine Ohren anlegt. Da macht es schon stutzig, wenn ausgerechnet politische Vertreter die irrationale Angst einer Abschaffung schüren, die selbst bis zu den Waden in einem Kuhfladen stehen. Wurlitzer mit Münzeinwurf gibt es zwar schon lange keine mehr. Doch jeder, der auf einen schnellen Kaffee gehen, mit einem Jagatee den Schnee erst so richtig schee machen oder ungestört ein paar Buchteln und ein Bier genießen möchte, sei beruhigt: Niemand muss gezwickt werden, auch wenn man meint, man träumt.

Simon Martinschitz MA
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