15.2 C
Villach
Freitag, 18. Juli 2025

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

„In der Klimafrage brauchen wir mehr Druck von unten“

In der Klimadebatte gilt die Klimakonferenz von 1985 in Villach als Meilenstein. Seit damals ist in der Klimafrage viel passiert – und auch nicht. 40 Jahre später im Gespräch mit Klimapionierin und Zeitzeugin Jill Jäger.

Es heißt, Villach ist in die Klimageschichte eingegangen. Was ist damals, im Jahre 1985, auch über Ihre Initiative passiert?
JÄGER: Sechs Jahre vor Villach, also 1979, gab’s in Genf die erste Weltklimakonferenz. Bereits damals wurde erkannt, dass wir wahrscheinlich ein CO2-Problem bekommen werden, also Klimaerwärmung. Es folgten ein Weltklimaprogramm und schließlich die internationale Konferenz in Villach mit 89 Koryphäen der Klimaforschung. Es war äußerst spannend, und es stellte sich heraus, dass in Zusammenrechnung aller relevanten Gase – wie Methan, Stickstoff oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) – die abträgliche Erderwärmung nicht erst gegen Ende, sondern bereits in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts zu spüren sein wird. Das war dann kein Problem in der fernen Zukunft. Bis 2030 wurde eine Erwärmung um 1,5 Grad Celsius prognostiziert. Es ist also genau das eingetroffen, was bereits 1985 vorhergesagt wurde. Nach der Villacher Konferenz musste die Politik, in diesem Fall die UNO, handeln. Schon 1988 wurde der Weltklimarat gegründet: Das war der Impuls aus Villach.

VILLACH WAR DER IDEALE ORT
Was hat damals Villach als legendären Konferenzort
prädestiniert?

Die Einladung nach Villach ist von Siegfried Bauer gekommen, dem weltbekannten Weltraumforscher und Vordenker globaler Zusammenhänge. Er war gebürtiger Kärntner und lehrte unter anderem an der Uni Graz. Mit ihrem Kongresszentrum war die Stadt Villach der ideale Ort.
Was sind die wichtigsten Ursachen der Klimaveränderung?
Die Verbrennung von fossiler Energie ist zum größten Teil die Ursache, also hauptsächlich CO2 in Kombination mit einer Reihe anderer Gase:

GESUNDHEITLICH GEFÄHRLICH
Hat die Klimaveränderung Auswirkung auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden?
Ja, eindeutig. Die Klimaveränderung beeinflusst weltweit durch Missernten die Landwirtschaft und damit die Versorgung der Menschen mit Grundnahrungsmitteln. Das wirkt sich direkt auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Die Wetterextreme mit Hitzewellen, Überflutungen und vermehrt tropische Stürme beeinflussen auch die Gesundheit.

PLANETARE GRENZEN ÜBERSCHRITTEN
Eines Ihrer Bücher trägt den Titel „Was verträgt unsere Erde noch?“. Gibt es eine einfache Antwort darauf?
Wir haben sehr viele planetare Grenzen überschritten. Das betrifft nicht nur das Klima, sondern zum Beispiel auch die Biodiversität und Wasserqualität. Die Auswirkungen eines nicht nachhaltigen Lebensstils sind nicht gut für die Erde, Umwelt und Menschen

„WIR BRAUCHEN ZWEI, DREI PLANETEN“
Sie sagten einmal in einem Interview, wir bräuchten schon mehr als einen Planeten pro Jahr. Was heißt das, mehr als einen Planeten pro Jahr zu brauchen?
Wir verbrauchen pro Jahr mehr Ressourcen und Landflächen, als unsere Erde in einem Jahr regenerieren kann. Heuer haben wir in Österreich die Ressourcen bereits bis Ende März verbraucht. Wir sehen, dass wir zwei, drei Planeten pro Jahr brauchen, um unseren Ressourcenbedarf zu decken. Die Erde verträgt nicht viel mehr, und es ist Zeit zu reagieren.

Wo sieht man unübersehbar die Klimaveränderung?
Unübersehbar sehen wir das in Österreich an dem schon dramatischen Schwinden der Gletscher. Dazu kommen die zunehmenden Hitzetage und katastrophalen Überschwemmungen.

„DIE NEUE HERAUSFORDERUNG“
Was sind die größten Herausforderungen bei der Bekämpfung des Klimawandels auf globaler Ebene?
Wir haben trotz der vielen Klimakonferenzen immer noch nicht die Emissionsreduktion, die wir brauchen. Das ist jetzt eine enorme Herausforderung. Es wäre deshalb aus meiner Sicht zielführender, lokal und regional sowie über Netzwerke anzusetzen, um Wege zu finden, die Emissionen zu verringern. Das wäre die neue Herausforderung, dass wir vermehrt lokal arbeiten.

„BRAUCHEN DRUCK VON UNTEN“
Welche politischen Entscheidungen sowohl nationaler als auch internationaler Ebene werden Ihrer Meinung nach besonders dringend?
Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass auf diesen Ebenen zu wenig passiert. Deshalb brauchen wir Druck von unten. Wir müssen von unten zeigen, was gut funktioniert und was tatsächlich möglich ist, um für eine bessere Lebensqualität Emissionen zu reduzieren. Die Politik muss erkennen, was die Menschen wollen. Dann wird was passieren.

Gibt es noch Hoffnung, was den Klimawandel betrifft?
Ja, wenn man lokal arbeitet. Das gibt Hoffnung. Lokal können wir eine gemeinsame Vision für eine lebenswerte Zukunft entwickeln und Wege finden, diese positive Vision zu erreichen.

Ähnliche Artikel

- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img
- Bezahlte Werbung -spot_img

Beliebte Berichte

„In der Klimafrage brauchen wir mehr Druck von unten“

In der Klimadebatte gilt die Klimakonferenz von 1985 in Villach als Meilenstein. Seit damals ist in der Klimafrage viel passiert – und auch nicht. 40 Jahre später im Gespräch mit Klimapionierin und Zeitzeugin Jill Jäger.

Es heißt, Villach ist in die Klimageschichte eingegangen. Was ist damals, im Jahre 1985, auch über Ihre Initiative passiert?
JÄGER: Sechs Jahre vor Villach, also 1979, gab’s in Genf die erste Weltklimakonferenz. Bereits damals wurde erkannt, dass wir wahrscheinlich ein CO2-Problem bekommen werden, also Klimaerwärmung. Es folgten ein Weltklimaprogramm und schließlich die internationale Konferenz in Villach mit 89 Koryphäen der Klimaforschung. Es war äußerst spannend, und es stellte sich heraus, dass in Zusammenrechnung aller relevanten Gase – wie Methan, Stickstoff oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) – die abträgliche Erderwärmung nicht erst gegen Ende, sondern bereits in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts zu spüren sein wird. Das war dann kein Problem in der fernen Zukunft. Bis 2030 wurde eine Erwärmung um 1,5 Grad Celsius prognostiziert. Es ist also genau das eingetroffen, was bereits 1985 vorhergesagt wurde. Nach der Villacher Konferenz musste die Politik, in diesem Fall die UNO, handeln. Schon 1988 wurde der Weltklimarat gegründet: Das war der Impuls aus Villach.

VILLACH WAR DER IDEALE ORT
Was hat damals Villach als legendären Konferenzort
prädestiniert?

Die Einladung nach Villach ist von Siegfried Bauer gekommen, dem weltbekannten Weltraumforscher und Vordenker globaler Zusammenhänge. Er war gebürtiger Kärntner und lehrte unter anderem an der Uni Graz. Mit ihrem Kongresszentrum war die Stadt Villach der ideale Ort.
Was sind die wichtigsten Ursachen der Klimaveränderung?
Die Verbrennung von fossiler Energie ist zum größten Teil die Ursache, also hauptsächlich CO2 in Kombination mit einer Reihe anderer Gase:

GESUNDHEITLICH GEFÄHRLICH
Hat die Klimaveränderung Auswirkung auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden?
Ja, eindeutig. Die Klimaveränderung beeinflusst weltweit durch Missernten die Landwirtschaft und damit die Versorgung der Menschen mit Grundnahrungsmitteln. Das wirkt sich direkt auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Die Wetterextreme mit Hitzewellen, Überflutungen und vermehrt tropische Stürme beeinflussen auch die Gesundheit.

PLANETARE GRENZEN ÜBERSCHRITTEN
Eines Ihrer Bücher trägt den Titel „Was verträgt unsere Erde noch?“. Gibt es eine einfache Antwort darauf?
Wir haben sehr viele planetare Grenzen überschritten. Das betrifft nicht nur das Klima, sondern zum Beispiel auch die Biodiversität und Wasserqualität. Die Auswirkungen eines nicht nachhaltigen Lebensstils sind nicht gut für die Erde, Umwelt und Menschen

„WIR BRAUCHEN ZWEI, DREI PLANETEN“
Sie sagten einmal in einem Interview, wir bräuchten schon mehr als einen Planeten pro Jahr. Was heißt das, mehr als einen Planeten pro Jahr zu brauchen?
Wir verbrauchen pro Jahr mehr Ressourcen und Landflächen, als unsere Erde in einem Jahr regenerieren kann. Heuer haben wir in Österreich die Ressourcen bereits bis Ende März verbraucht. Wir sehen, dass wir zwei, drei Planeten pro Jahr brauchen, um unseren Ressourcenbedarf zu decken. Die Erde verträgt nicht viel mehr, und es ist Zeit zu reagieren.

Wo sieht man unübersehbar die Klimaveränderung?
Unübersehbar sehen wir das in Österreich an dem schon dramatischen Schwinden der Gletscher. Dazu kommen die zunehmenden Hitzetage und katastrophalen Überschwemmungen.

„DIE NEUE HERAUSFORDERUNG“
Was sind die größten Herausforderungen bei der Bekämpfung des Klimawandels auf globaler Ebene?
Wir haben trotz der vielen Klimakonferenzen immer noch nicht die Emissionsreduktion, die wir brauchen. Das ist jetzt eine enorme Herausforderung. Es wäre deshalb aus meiner Sicht zielführender, lokal und regional sowie über Netzwerke anzusetzen, um Wege zu finden, die Emissionen zu verringern. Das wäre die neue Herausforderung, dass wir vermehrt lokal arbeiten.

„BRAUCHEN DRUCK VON UNTEN“
Welche politischen Entscheidungen sowohl nationaler als auch internationaler Ebene werden Ihrer Meinung nach besonders dringend?
Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass auf diesen Ebenen zu wenig passiert. Deshalb brauchen wir Druck von unten. Wir müssen von unten zeigen, was gut funktioniert und was tatsächlich möglich ist, um für eine bessere Lebensqualität Emissionen zu reduzieren. Die Politik muss erkennen, was die Menschen wollen. Dann wird was passieren.

Gibt es noch Hoffnung, was den Klimawandel betrifft?
Ja, wenn man lokal arbeitet. Das gibt Hoffnung. Lokal können wir eine gemeinsame Vision für eine lebenswerte Zukunft entwickeln und Wege finden, diese positive Vision zu erreichen.

Ähnliche Artikel