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Freitag, 26. April 2024

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Wie George C. Marshall unsere Wirtschaft anwarf

Vor bald 75 Jahren wurde der Marshallplan, auf dem das European Recovery Programm (ERP), gründete, ins Leben gerufen. Auch die Großregion Villach bekam aus diesem historisch bedeutenden Wirtschaftsförderungsprogramm der USA bedeutende Fördergelder.

Die Gerlitzen-Kanzelbahn, Kärntens älteste Seilbahn, entstand aus der Vision des Villacher Rechtsanwaltes Ludwig Aichelberg. Und so wurde in nur acht Monaten Bauzeit im Jahr 1927 die Kanzelbahn gebaut. In den 1980er Jahren erfolgte ein genereller Umbau von der Pendelbahn zur Einseilumlaufbahn. Es ist heute kaum bekannt, dass auch die Gerlitzen-Kanzelbahn damals für die Modernisierung Geld aus dem Marshallplan erhielt.

ÜBERDURCHSCHNITTLICH PROFITIERT
Vor bald 75 Jahren, es war der Juni 1947, hielt der amerikanische Außenminister George C. Marshall an der Harvard University seine berühmte Rede, auf der der so genannte Marshallplan, das European Recovery Programm (ERP) gründete. Kärnten hat als Industrieland von den Förderungen des ERP überdurchschnittlich profitiert. „In der ersten Tranche des ERP im Jahr 1948 erhielt die österreichische verstaatlichte Industrie die Hälfte der Mittel“, erklärt Thomas Zeloth, Direktor des Kärntner Landesarchivs. „In der ersten Tranche des ERP im Jahr 1948 erhielt die österreichische verstaatlichte Industrie die Hälfte der Mittel, davon profitierten in Kärnten unter anderem die verstaatlichte Bleiberger Bergwerks Union.“

ERP-MITTEL FÜR INFRASTRUKTURPROJEKTE
„Auch Infrastrukturprojekte wie etwa der Bahnhof in Villach, der wie viele andere nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde, wurden über ERP-Mittel finanziert. Viele Jahre später gab es für die Elektrifizierung der Strecke Villach–Spittal ebenfalls Gelder aus diesem Fonds. Bis zum Jahr 1950 flossen an die 148 Millionen Schilling nach Kärnten. Ein Leuchtturm-Projekt der Landwirtschaft war die Entwässerung des Gailtals bei Kirchbach und Waidegg, das 300 Hektar neues Ackerland brachte“, so Zeloth.

INDUSTRIELLES WACHSTUM SPRANG AN
Wie in allen anderen europäischen Ländern zu dieser Zeit dienten diese Maßnahmen vorwiegend der Linderung der Not, die damals herrschte. Dass in Kärnten das industrielle Wachstum ansprang, war wesentlich den ERP-Mitteln zu verdanken. Der eigentliche Marshallplan, der von 1948 bis 1952 vonstattenging, hatte eine hervorragende Kommunikationsstrategie. Es wurde in allen Zeitungen darüber berichtet, man war als Firma sehr stolz, wenn man eine Marshallplan-Förderung erhielt.

FÜR DEN WIEDERAUFBAU ÖSTERREICHS
„Es wurden flächendeckend ERP-Planketten angebracht. Visuell war es so im öffentlichen Raum für jeden klar, dass es sich hier um eine Förderung zum Wiederaufbau von Österreich handelte“, erklärt Historiker Hans Petschar. Der gebürtige Töplitscher, Gemeinde Weißenstein, ist Direktor des Bildarchiv und Grafiksammlung an der Österreichischen Nationalbibliothek und ein ausgewiesener internationaler Experte in puncto Marshallplan. Gemeinsam mit Günter Bischof schrieb er das reich bebilderte Nachschlagewerk „Der Marshallplan – seit 1947“ (Brandstätter Verlag) und beleuchtete darin ausführlich den „Werdegang“ dieses so wichtigen Förderprogrammes.

SYNONYM FÜR WELTWEITE HILFE
Heute, fast 75 Jahre später ist der Marshallplan aktueller denn je und noch immer ein weltweites Synonym für Hilfe, Unterstützung und soziale Innovation. Seit vielen Jahren unterstützt die österreichische Marshallplan-Stiftung (Austrian Marshallplan Foundation) auch den wissenschaftlichen Austausch von Studierenden und Forschenden aus Österreich, darunter ist auch die FH-Kärnten, und den USA mit dem Ziel, Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen sowie die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Eine ist klar. Der Marshallplan ist nicht wiederholbar. Der Erfolg des Marshallplans hat auch damit zu tun, dass die amerikanische Wirtschaft, die amerikanische Produkte nach Europa gebracht hat, dadurch neue Handelspartner gewinnen konnte. So wurde indirekt auch die Wirtschaft in den USA gestärkt.

JÄHRLICH 600 MILLIONEN EURO
Seit 1962 darf Österreich über die Mittel aus dem ERP-Fonds selbst verfügen. Bis heute sollen jährlich an die 600 Millionen Euro in die heimische Wirtschaft fließen. Wie viele Gelder insgesamt von Beginn an bis heute nach Kärnten (und auch Österreich) geflossen sind, ist nirgendwo belegt – es gibt keine transparente Datenbank der Marshallplan-Gelder.

Auch die Gerlitzen-Kanzelbahn wurde in den 1950er Jahren mit Mitteln aus dem Marshallplan (ERP-Fonds) umgebaut und modernisiert.
Fotos: Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik
Auch die Gerlitzen-Kanzelbahn wurde in den 1950er Jahren mit Mitteln aus dem Marshallplan (ERP-Fonds) umgebaut und modernisiert. Fotos: Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik

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Vor bald 75 Jahren wurde der Marshallplan, auf dem das European Recovery Programm (ERP), gründete, ins Leben gerufen. Auch die Großregion Villach bekam aus diesem historisch bedeutenden Wirtschaftsförderungsprogramm der USA bedeutende Fördergelder.

Die Gerlitzen-Kanzelbahn, Kärntens älteste Seilbahn, entstand aus der Vision des Villacher Rechtsanwaltes Ludwig Aichelberg. Und so wurde in nur acht Monaten Bauzeit im Jahr 1927 die Kanzelbahn gebaut. In den 1980er Jahren erfolgte ein genereller Umbau von der Pendelbahn zur Einseilumlaufbahn. Es ist heute kaum bekannt, dass auch die Gerlitzen-Kanzelbahn damals für die Modernisierung Geld aus dem Marshallplan erhielt.

ÜBERDURCHSCHNITTLICH PROFITIERT
Vor bald 75 Jahren, es war der Juni 1947, hielt der amerikanische Außenminister George C. Marshall an der Harvard University seine berühmte Rede, auf der der so genannte Marshallplan, das European Recovery Programm (ERP) gründete. Kärnten hat als Industrieland von den Förderungen des ERP überdurchschnittlich profitiert. „In der ersten Tranche des ERP im Jahr 1948 erhielt die österreichische verstaatlichte Industrie die Hälfte der Mittel“, erklärt Thomas Zeloth, Direktor des Kärntner Landesarchivs. „In der ersten Tranche des ERP im Jahr 1948 erhielt die österreichische verstaatlichte Industrie die Hälfte der Mittel, davon profitierten in Kärnten unter anderem die verstaatlichte Bleiberger Bergwerks Union.“

ERP-MITTEL FÜR INFRASTRUKTURPROJEKTE
„Auch Infrastrukturprojekte wie etwa der Bahnhof in Villach, der wie viele andere nach dem Krieg wieder aufgebaut wurde, wurden über ERP-Mittel finanziert. Viele Jahre später gab es für die Elektrifizierung der Strecke Villach–Spittal ebenfalls Gelder aus diesem Fonds. Bis zum Jahr 1950 flossen an die 148 Millionen Schilling nach Kärnten. Ein Leuchtturm-Projekt der Landwirtschaft war die Entwässerung des Gailtals bei Kirchbach und Waidegg, das 300 Hektar neues Ackerland brachte“, so Zeloth.

INDUSTRIELLES WACHSTUM SPRANG AN
Wie in allen anderen europäischen Ländern zu dieser Zeit dienten diese Maßnahmen vorwiegend der Linderung der Not, die damals herrschte. Dass in Kärnten das industrielle Wachstum ansprang, war wesentlich den ERP-Mitteln zu verdanken. Der eigentliche Marshallplan, der von 1948 bis 1952 vonstattenging, hatte eine hervorragende Kommunikationsstrategie. Es wurde in allen Zeitungen darüber berichtet, man war als Firma sehr stolz, wenn man eine Marshallplan-Förderung erhielt.

FÜR DEN WIEDERAUFBAU ÖSTERREICHS
„Es wurden flächendeckend ERP-Planketten angebracht. Visuell war es so im öffentlichen Raum für jeden klar, dass es sich hier um eine Förderung zum Wiederaufbau von Österreich handelte“, erklärt Historiker Hans Petschar. Der gebürtige Töplitscher, Gemeinde Weißenstein, ist Direktor des Bildarchiv und Grafiksammlung an der Österreichischen Nationalbibliothek und ein ausgewiesener internationaler Experte in puncto Marshallplan. Gemeinsam mit Günter Bischof schrieb er das reich bebilderte Nachschlagewerk „Der Marshallplan – seit 1947“ (Brandstätter Verlag) und beleuchtete darin ausführlich den „Werdegang“ dieses so wichtigen Förderprogrammes.

SYNONYM FÜR WELTWEITE HILFE
Heute, fast 75 Jahre später ist der Marshallplan aktueller denn je und noch immer ein weltweites Synonym für Hilfe, Unterstützung und soziale Innovation. Seit vielen Jahren unterstützt die österreichische Marshallplan-Stiftung (Austrian Marshallplan Foundation) auch den wissenschaftlichen Austausch von Studierenden und Forschenden aus Österreich, darunter ist auch die FH-Kärnten, und den USA mit dem Ziel, Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen sowie die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Eine ist klar. Der Marshallplan ist nicht wiederholbar. Der Erfolg des Marshallplans hat auch damit zu tun, dass die amerikanische Wirtschaft, die amerikanische Produkte nach Europa gebracht hat, dadurch neue Handelspartner gewinnen konnte. So wurde indirekt auch die Wirtschaft in den USA gestärkt.

JÄHRLICH 600 MILLIONEN EURO
Seit 1962 darf Österreich über die Mittel aus dem ERP-Fonds selbst verfügen. Bis heute sollen jährlich an die 600 Millionen Euro in die heimische Wirtschaft fließen. Wie viele Gelder insgesamt von Beginn an bis heute nach Kärnten (und auch Österreich) geflossen sind, ist nirgendwo belegt – es gibt keine transparente Datenbank der Marshallplan-Gelder.

Auch die Gerlitzen-Kanzelbahn wurde in den 1950er Jahren mit Mitteln aus dem Marshallplan (ERP-Fonds) umgebaut und modernisiert.
Fotos: Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik
Auch die Gerlitzen-Kanzelbahn wurde in den 1950er Jahren mit Mitteln aus dem Marshallplan (ERP-Fonds) umgebaut und modernisiert. Fotos: Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik

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