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Mittwoch, 12. November 2025

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KI: Mit und gegen den Strom

Als Nikola Tesla am Ende des 19. Jahrhunderts vehement die Vorzüge des Wechselstroms propagierte, war die Ablehnung groß. Zu gefährlich, tödlich, ja geradezu ein Teufelswerk. Durchgesetzt hat sich dessen Einsatz letztlich dennoch, wie wir wissen. Und das mit guten Gründen. Gleichwohl ist es eine Ironie der Geschichte, dass die nach dem genialen Energiepionier benannten Elektroautos heute wiederum mit Gleichstrom fahren.

Geht man in der Geschichte noch etwas weiter zurück, entluden sich die Spannungen auch nach der Erfindung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg in den 1450er Jahren. Damals kam es zu einem Phänomen, das heute im Umgang mit den Smartphones seine Anknüpfung findet. Bücher wurden plötzlich für die breite Masse erschwinglich. Als Folge erlangte das Buch den Status eines Modeaccessoires, und in den Straßen sah man haufenweise Menschen, die mit einem in ein Buch vergrabenem Gesicht durch die Gassen spazierten. Der Aufschrei folgte auf dem Fuße: Denn die Menschen – allen voran die Jugend – würde zusehends dem Eskapismus, also der Realitätsflucht, verfallen und sich nicht mehr mit der „echten“ Welt befassen. Dass dem nicht so war, lässt sich heute – in Büchern wie auch online – an vielen Stellen nachlesen.

Ob es bei der Erfindung des Rades oder der Kultivierung des Feuers ähnliche Bedenken gab, ist freilich nicht überliefert – aber anzunehmen. Denn neue Technologien dürfen und müssen kritisch hinterfragt werden. Widerstände sollen sich regen und Reibungen müssen zugelassen werden. Denn erst mit der intensiven Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen kann man eine Entwicklung, die uns alle betrifft, in konstruktive Bahnen lenken.

Es braucht Regularien, Rahmenbedingungen und wenn nötig auch Widerstand sowie eine funktionierende Isolierung vor gefährlichen Strömen. Aber am allerwichtigsten: Es braucht ein Bewusstsein dafür, was KI kann, wozu sie im Stande ist – und wozu nicht. Denn die größte Gefahr geht derzeit wohl davon aus, die eigene Mündigkeit bereitwillig einer Maschine zu überlassen.

Simon Martinschitz MA
Agentur für Kommunikation & Text
www.martinschitz.at

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KI: Mit und gegen den Strom

Als Nikola Tesla am Ende des 19. Jahrhunderts vehement die Vorzüge des Wechselstroms propagierte, war die Ablehnung groß. Zu gefährlich, tödlich, ja geradezu ein Teufelswerk. Durchgesetzt hat sich dessen Einsatz letztlich dennoch, wie wir wissen. Und das mit guten Gründen. Gleichwohl ist es eine Ironie der Geschichte, dass die nach dem genialen Energiepionier benannten Elektroautos heute wiederum mit Gleichstrom fahren.

Geht man in der Geschichte noch etwas weiter zurück, entluden sich die Spannungen auch nach der Erfindung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg in den 1450er Jahren. Damals kam es zu einem Phänomen, das heute im Umgang mit den Smartphones seine Anknüpfung findet. Bücher wurden plötzlich für die breite Masse erschwinglich. Als Folge erlangte das Buch den Status eines Modeaccessoires, und in den Straßen sah man haufenweise Menschen, die mit einem in ein Buch vergrabenem Gesicht durch die Gassen spazierten. Der Aufschrei folgte auf dem Fuße: Denn die Menschen – allen voran die Jugend – würde zusehends dem Eskapismus, also der Realitätsflucht, verfallen und sich nicht mehr mit der „echten“ Welt befassen. Dass dem nicht so war, lässt sich heute – in Büchern wie auch online – an vielen Stellen nachlesen.

Ob es bei der Erfindung des Rades oder der Kultivierung des Feuers ähnliche Bedenken gab, ist freilich nicht überliefert – aber anzunehmen. Denn neue Technologien dürfen und müssen kritisch hinterfragt werden. Widerstände sollen sich regen und Reibungen müssen zugelassen werden. Denn erst mit der intensiven Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen kann man eine Entwicklung, die uns alle betrifft, in konstruktive Bahnen lenken.

Es braucht Regularien, Rahmenbedingungen und wenn nötig auch Widerstand sowie eine funktionierende Isolierung vor gefährlichen Strömen. Aber am allerwichtigsten: Es braucht ein Bewusstsein dafür, was KI kann, wozu sie im Stande ist – und wozu nicht. Denn die größte Gefahr geht derzeit wohl davon aus, die eigene Mündigkeit bereitwillig einer Maschine zu überlassen.

Simon Martinschitz MA
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