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Mittwoch, 5. November 2025

Unabhängiges Stadt-Umland-Magazin

„Es berührt mich sehr, es wird mir warm ums Herz“

Sonntag, 14. Dezember, geht die Koralmbahn als Hochleistungsstrecke offiziell in Betrieb. Vorstandsvorsitzender Ing. Mag. Andreas Matthä, gebürtiger Villacher, kann seine Gefühle kaum in Worte fassen. Im Gespräch mit ihm.

In gut einem Monat, am 14. Dezember, wird auf der neuen Koralmstrecke der Personenverkehr aufgenommen. Es heißt, es wird Geschichte geschrieben. Mit welcher Erwartung verbinden Sie dieses Jahrhundertereignis?
MATTHÄ: Die Inbetriebnahme der Koralmbahn ist in der Tat historisch. Es ist die erste Neubaustrecke seit Jahrzehnten, die in Österreich in Betrieb geht. Die 130 Kilometer lange Koralmbahn liegt auf einer wichtigen europäischen Verkehrsachse, die den Norden Europas mit dem Süden verbindet. Diese Hochleistungsstrecke ist sowohl für den Güter- als auch für den Personenverkehr sehr attraktiv. Kärnten und die Steiermark befinden sich nunmehr an einer neuen pulsierenden Lebensader. Das wird das Leben der 1,1 Millionen Menschen in der Region verändern – es bringt neue wirtschaftliche Impulse, neue Arbeitsplätze werden entstehen.

„ES BERÜHRT MICH SEHR“
Sie haben geschrieben: „Irgendwie unwirklich – die Koralmbahn wird Wirklichkeit. Ein Jahrhundertprojekt, das mich mehr oder weniger meine gesamte Berufslaufbahn begleitet hat.“ Was sagt Ihre Gefühlsebene dazu?
Ja, dieses Jahrhundertprojekt begleitet mich tatsächlich mein Berufsleben. Als gebürtiger Villacher und Eisenbahner in fünfter Generation bedeutet es mir auch abseits meiner beruflichen Tätigkeit viel. Meine Gefühle lassen sich schwer in Worte fassen, vielleicht so: Es berührt mich sehr und es wird mir warm ums Herz. Die Idee für diese neue Strecke reifte über Jahrzehnte, und es gab viele Herausforderungen zu meistern.

„EIN VERLÄSSLICHER TAKT“
Am 14. Dezember tritt auch ein neuer Fahrplan in Kraft. Welche wesentlichen Veränderungen gehen damit einher?
Mit der neuen Koralmbahn läuten wir in Österreich ein neues Zeitalter der Mobilität ein. Die Angebote im Fernverkehr werden österreichweit um 30 Prozent ausgeweitet. Die neue Strecke erlaubt neben einem Angebotsplus und wesentlich beschleunigten Fahrzeiten die Einführung des sogenannten „Integrierten Taktfahrplans“ in Österreich. Wir setzen somit ein Modell nach Schweizer Vorbild um, das einen verlässlichen Takt im Fern- und Nahverkehr ermöglicht.

ÖSTERREICHS ZWEITGRÖSSTER BALLUNGSRAUM
Die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt verkürzt sich auf 41 Minuten. Was bedeutet dieses Angebot aus Ihrer Sicht für die weitere (Standort-)Entwicklung entlang der Strecke?Wird die Koralmbahn die Zukunft der österreichischen Südregion verändern?
Die beiden Landeshauptstädte Graz und Klagenfurt rücken zusammen, Österreichs zweitgrößter Ballungsraum entsteht. Damit zieht diese Region mit den Einzugsgebieten von deutschsprachigen Metropolen wie Berlin, Hamburg, München und Wien gleich. Das wird in den nächsten Jahren zweifellos Veränderungen auf vielen Ebenen mit sich bringen. Arbeits- und Lebensräume werden verschmelzen, Distanzen abgebaut. Ich bin mir sicher, dass sich in Österreichs Süden Chancen auftun werden, die wir heute noch nicht einmal benennen können.

AB VILLACH MEHR VERBINDUNGEN
Was bedeutet die neue Südachse für den Fernverkehr, etwa Richtung Italien oder Deutschland?
Wie schon gesagt, werden wir im Fernverkehr ein Plus von rund 30 Prozent anbieten. Das bedeutet, dass es in Zukunft ab Villach wesentlich mehr Verbindungen Richtung Wien und Salzburg geben wird. Außerdem wird es mehr Angebote an Direktzügen von und nach Deutschland geben – etwa nach München und Frankfurt. Auch Richtung Italien tut sich viel: Man kommt künftig ohne Umsteigen aus der Region Villach etwa nach Udine, Triest, Venedig, Rom und Mailand.

„WETTBEWERB FÜR UNs NICHTS NEUES“
Auch die Westbahn wird die neue Strecke frequentieren. Wie sehen die ÖBB diese Konkurrenzsituation?
Wettbewerb auf der Schiene ist für uns nichts Neues. Bereits auf der Weststrecke zeigt sich, dass er den Bahnmarkt belebt. Entscheidend ist, dass noch mehr Menschen den Umstieg auf die Bahn wählen. Mit der Koralmbahn entsteht ein attraktiveres Gesamtangebot, das allen Fahrgästen zugutekommt.

„ÖBB SPIELEN EINE ZENTRALE ROLLE“
Welche Rolle spielt der ÖBB-Konzern im europäischen Bahnmarkt, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Verbindungen?
Die ÖBB spielen eine zentrale Rolle im europäischen Bahnmarkt. Wir verbinden wichtige Wirtschaftsräume und bieten grenzüberschreitende Personen- und Güterverkehre an. Besonders bei nachhaltiger Mobilität und im internationalen Nachtzugverkehr setzen die ÖBB Maßstäbe. Wir sind innerhalb der EU klar die Nummer 1.

„BRAUCHEN FAIREN WETTBEWERB“
Der Güterverkehr liegt in hartem Konkurrenzkampf mit der Straße. Welche Zukunftsaussichten räumen Sie hier unserer Bahn ein, wie schaut hier die Entwicklung insgesamt aus?
Im Güterverkehr steht die Schiene in direkter Konkurrenz zur Straße, die kostenmäßig im Vorteil ist – zum Beispiel bei den Energiepreisen: Der Strompreis ist hoch, Diesel begünstigt. Hier fordern wir schon lange Kostenwahrheit – Stichwort flächendeckende LKW-Maut. Nichtsdestotrotz gewinnt der Schienengüterverkehr zunehmend an Bedeutung: Nicht zuletzt, weil es aus Klimaschutzgründen darum geht, möglichst viele Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Dies umzusetzen ist allerdings herausfordernd. Wir brauchen fairen Wettbewerb, der die externen, von der Allgemeinheit getragenen Kosten für CO2-Emissionen, Verkehrssicherheit und Staukosten berücksichtigt und somit Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene herstellt.

SPITZENKAPAZITÄT 40 PROZENT ERHÖHT
Wie sehen die ÖBB-Investitionspläne für Infrastruktur, Züge und Wartung in den nächsten Jahren aus?
Bis 2030 werden rund 19,7 Milliarden Euro in den Ausbau, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung der Infrastruktur investiert. Dieses Investitionsprogramm ist im sogenannten Rahmenplan festgehalten – ein Finanzierungsinstrument, um das wir international beneidet werden. Kräftig investiert wird auch in die Fahrzeugflotte. Die Investitionen von mehr als 6,1 Milliarden Euro umfassen die Anschaffung neuer Nah- und Fernverkehrszüge, die Modernisierung bestehender Garnituren, zum Beispiel Railjet-Upgrades. Damit erhöhen wir unsere Sitzplatzkapazitäten bis 2030 um 40 Prozent.

„Bin mir sicher, dass sich in Österreichs Süden Chancen auftun werden, die wir heute noch nicht einmal benennen können.“
ÖBB-Vorstandsvorsitzender Ing. Mag. Andreas Matthä

„… NUR IN EINEM GUTEN TEAM“
Sie wurden 2016 in die Funktion des ÖBB-Vorstandsvorsitzenden berufen. Wie sehen Sie, nach nahezu zehn Jahren im Amt, rückblickend Ihre Bilanz seit Ihrem Antritt?
Es waren zehn Jahre, in denen wir eine Vielzahl von Herausforderungen zu meistern hatten – von Pandemie über historische Unwetterereignisse bis hin zu anhaltender Rezession. In Anbetracht der Rahmenbedingungen ist viel gelungen: Wir konnten wichtige Fortschritte in der Modernisierung der Infrastruktur umsetzen, unsere Qualität in der Fahrzeugflotte deutlich verbessern und uns als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Dies sind keine Einzelleistungen, sondern klappt nur in einem guten Team. Es erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit, diesem Unternehmen vorstehen zu dürfen. Und ich freue mich auf das, was noch kommt.

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Sonntag, 14. Dezember, geht die Koralmbahn als Hochleistungsstrecke offiziell in Betrieb. Vorstandsvorsitzender Ing. Mag. Andreas Matthä, gebürtiger Villacher, kann seine Gefühle kaum in Worte fassen. Im Gespräch mit ihm.

In gut einem Monat, am 14. Dezember, wird auf der neuen Koralmstrecke der Personenverkehr aufgenommen. Es heißt, es wird Geschichte geschrieben. Mit welcher Erwartung verbinden Sie dieses Jahrhundertereignis?
MATTHÄ: Die Inbetriebnahme der Koralmbahn ist in der Tat historisch. Es ist die erste Neubaustrecke seit Jahrzehnten, die in Österreich in Betrieb geht. Die 130 Kilometer lange Koralmbahn liegt auf einer wichtigen europäischen Verkehrsachse, die den Norden Europas mit dem Süden verbindet. Diese Hochleistungsstrecke ist sowohl für den Güter- als auch für den Personenverkehr sehr attraktiv. Kärnten und die Steiermark befinden sich nunmehr an einer neuen pulsierenden Lebensader. Das wird das Leben der 1,1 Millionen Menschen in der Region verändern – es bringt neue wirtschaftliche Impulse, neue Arbeitsplätze werden entstehen.

„ES BERÜHRT MICH SEHR“
Sie haben geschrieben: „Irgendwie unwirklich – die Koralmbahn wird Wirklichkeit. Ein Jahrhundertprojekt, das mich mehr oder weniger meine gesamte Berufslaufbahn begleitet hat.“ Was sagt Ihre Gefühlsebene dazu?
Ja, dieses Jahrhundertprojekt begleitet mich tatsächlich mein Berufsleben. Als gebürtiger Villacher und Eisenbahner in fünfter Generation bedeutet es mir auch abseits meiner beruflichen Tätigkeit viel. Meine Gefühle lassen sich schwer in Worte fassen, vielleicht so: Es berührt mich sehr und es wird mir warm ums Herz. Die Idee für diese neue Strecke reifte über Jahrzehnte, und es gab viele Herausforderungen zu meistern.

„EIN VERLÄSSLICHER TAKT“
Am 14. Dezember tritt auch ein neuer Fahrplan in Kraft. Welche wesentlichen Veränderungen gehen damit einher?
Mit der neuen Koralmbahn läuten wir in Österreich ein neues Zeitalter der Mobilität ein. Die Angebote im Fernverkehr werden österreichweit um 30 Prozent ausgeweitet. Die neue Strecke erlaubt neben einem Angebotsplus und wesentlich beschleunigten Fahrzeiten die Einführung des sogenannten „Integrierten Taktfahrplans“ in Österreich. Wir setzen somit ein Modell nach Schweizer Vorbild um, das einen verlässlichen Takt im Fern- und Nahverkehr ermöglicht.

ÖSTERREICHS ZWEITGRÖSSTER BALLUNGSRAUM
Die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt verkürzt sich auf 41 Minuten. Was bedeutet dieses Angebot aus Ihrer Sicht für die weitere (Standort-)Entwicklung entlang der Strecke?Wird die Koralmbahn die Zukunft der österreichischen Südregion verändern?
Die beiden Landeshauptstädte Graz und Klagenfurt rücken zusammen, Österreichs zweitgrößter Ballungsraum entsteht. Damit zieht diese Region mit den Einzugsgebieten von deutschsprachigen Metropolen wie Berlin, Hamburg, München und Wien gleich. Das wird in den nächsten Jahren zweifellos Veränderungen auf vielen Ebenen mit sich bringen. Arbeits- und Lebensräume werden verschmelzen, Distanzen abgebaut. Ich bin mir sicher, dass sich in Österreichs Süden Chancen auftun werden, die wir heute noch nicht einmal benennen können.

AB VILLACH MEHR VERBINDUNGEN
Was bedeutet die neue Südachse für den Fernverkehr, etwa Richtung Italien oder Deutschland?
Wie schon gesagt, werden wir im Fernverkehr ein Plus von rund 30 Prozent anbieten. Das bedeutet, dass es in Zukunft ab Villach wesentlich mehr Verbindungen Richtung Wien und Salzburg geben wird. Außerdem wird es mehr Angebote an Direktzügen von und nach Deutschland geben – etwa nach München und Frankfurt. Auch Richtung Italien tut sich viel: Man kommt künftig ohne Umsteigen aus der Region Villach etwa nach Udine, Triest, Venedig, Rom und Mailand.

„WETTBEWERB FÜR UNs NICHTS NEUES“
Auch die Westbahn wird die neue Strecke frequentieren. Wie sehen die ÖBB diese Konkurrenzsituation?
Wettbewerb auf der Schiene ist für uns nichts Neues. Bereits auf der Weststrecke zeigt sich, dass er den Bahnmarkt belebt. Entscheidend ist, dass noch mehr Menschen den Umstieg auf die Bahn wählen. Mit der Koralmbahn entsteht ein attraktiveres Gesamtangebot, das allen Fahrgästen zugutekommt.

„ÖBB SPIELEN EINE ZENTRALE ROLLE“
Welche Rolle spielt der ÖBB-Konzern im europäischen Bahnmarkt, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Verbindungen?
Die ÖBB spielen eine zentrale Rolle im europäischen Bahnmarkt. Wir verbinden wichtige Wirtschaftsräume und bieten grenzüberschreitende Personen- und Güterverkehre an. Besonders bei nachhaltiger Mobilität und im internationalen Nachtzugverkehr setzen die ÖBB Maßstäbe. Wir sind innerhalb der EU klar die Nummer 1.

„BRAUCHEN FAIREN WETTBEWERB“
Der Güterverkehr liegt in hartem Konkurrenzkampf mit der Straße. Welche Zukunftsaussichten räumen Sie hier unserer Bahn ein, wie schaut hier die Entwicklung insgesamt aus?
Im Güterverkehr steht die Schiene in direkter Konkurrenz zur Straße, die kostenmäßig im Vorteil ist – zum Beispiel bei den Energiepreisen: Der Strompreis ist hoch, Diesel begünstigt. Hier fordern wir schon lange Kostenwahrheit – Stichwort flächendeckende LKW-Maut. Nichtsdestotrotz gewinnt der Schienengüterverkehr zunehmend an Bedeutung: Nicht zuletzt, weil es aus Klimaschutzgründen darum geht, möglichst viele Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Dies umzusetzen ist allerdings herausfordernd. Wir brauchen fairen Wettbewerb, der die externen, von der Allgemeinheit getragenen Kosten für CO2-Emissionen, Verkehrssicherheit und Staukosten berücksichtigt und somit Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene herstellt.

SPITZENKAPAZITÄT 40 PROZENT ERHÖHT
Wie sehen die ÖBB-Investitionspläne für Infrastruktur, Züge und Wartung in den nächsten Jahren aus?
Bis 2030 werden rund 19,7 Milliarden Euro in den Ausbau, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung der Infrastruktur investiert. Dieses Investitionsprogramm ist im sogenannten Rahmenplan festgehalten – ein Finanzierungsinstrument, um das wir international beneidet werden. Kräftig investiert wird auch in die Fahrzeugflotte. Die Investitionen von mehr als 6,1 Milliarden Euro umfassen die Anschaffung neuer Nah- und Fernverkehrszüge, die Modernisierung bestehender Garnituren, zum Beispiel Railjet-Upgrades. Damit erhöhen wir unsere Sitzplatzkapazitäten bis 2030 um 40 Prozent.

„Bin mir sicher, dass sich in Österreichs Süden Chancen auftun werden, die wir heute noch nicht einmal benennen können.“
ÖBB-Vorstandsvorsitzender Ing. Mag. Andreas Matthä

„… NUR IN EINEM GUTEN TEAM“
Sie wurden 2016 in die Funktion des ÖBB-Vorstandsvorsitzenden berufen. Wie sehen Sie, nach nahezu zehn Jahren im Amt, rückblickend Ihre Bilanz seit Ihrem Antritt?
Es waren zehn Jahre, in denen wir eine Vielzahl von Herausforderungen zu meistern hatten – von Pandemie über historische Unwetterereignisse bis hin zu anhaltender Rezession. In Anbetracht der Rahmenbedingungen ist viel gelungen: Wir konnten wichtige Fortschritte in der Modernisierung der Infrastruktur umsetzen, unsere Qualität in der Fahrzeugflotte deutlich verbessern und uns als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Dies sind keine Einzelleistungen, sondern klappt nur in einem guten Team. Es erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit, diesem Unternehmen vorstehen zu dürfen. Und ich freue mich auf das, was noch kommt.

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