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Freitag, 29. März 2024

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„Wir laufen sehenden Auges in Engpässe“

Im Gespräch mit Lhstv.in Dr.in Beate Prettner über Aktuelles im LKH Villach, die allgemeine Corona-Situation, den Mehrwert der Impfung sowie den zunehmend fehlenden Medizinernachwuchs.

Das LKH Villach wurde um 68 Millionen Euro zu einem der modernsten Kliniken Österreichs um- und ausgebaut. Welche Schwerpunktsetzungen waren damit verbunden?
PRETTNER: Herzstücke des Neubaus sind die völlig neu konzipierte Psychiatrie einerseits und die österreichweit modernste Kinderabteilung andererseits. Zudem wurde das bestehende Gebäude mit den internen Abteilungen generalsaniert. Parallel dazu haben wir am LKH Villach auch ein modernes Leit- und Orientierungskonzept realisiert: Dieses Leitsystem „lotst“ die Patienten einfach und rasch auf dem richtigen Weg zur richtigen Stelle. Die Gesundheitspolitik muss permanent mit den Entwicklungen der modernen Medizin Schritt halten – und das bedarf laufender Investitionen.

ÜBERLASTUNG VERMIEDEN
Die Pandemie hat den Alltag von uns allen teils radikal verändert. Wie stark ist die Veränderung in unseren Krankenhäusern?
Die aktuellen Entwicklungen haben gezeigt, dass wir bisher durch die entsprechenden Vorbereitungen eine Überlastung des Systems vermeiden konnten. Neben der Bereitstellung von Kapazitäten für die getrennte Versorgung von Covid-Patienten hat sich vor allem das Zutrittsmanagement verändert – das bedeutet, die Zutritte zu kontrollieren und Patientenströme so zu lenken, dass es zu keiner unkontrollierten Verbreitung des Virus kommt.

„DAS KANN JA NICHT SEIN!“
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Spitälern leisteten und leisten hochprofessionell gerade in diesen Zeiten Außergewöhnliches. Reicht bestehende Personalstärke noch aus?
Ich kämpfe nun das achte Jahr, also seit ich Gesundheitsreferentin bin, für eine Änderung der Zulassungsbeschränkungen zum Medizinstudium: Wir sehen nämlich, dass sich in manchen Fachbereichen Lücken auftun. Wir laufen sehenden Auges in Engpässe. Das kann’s ja nicht sein! Jedes Jahr werden rund 13.000 junge, motivierte Bewerber vom Medizinstudium abgewiesen.

„IMPFUNG – DIE EINZIGE CHANCE“
Was sagen Sie jenen Menschen, die sich nach wie vor nicht testen und auch nicht impfen lassen wollen?
Leider schwirren in den sozialen Netzwerken derart viele Fake news, Verschwörungstheorien und Skeptiker herum, dass viele Menschen wirklich verunsichert werden. Ich kann diesen Menschen nur dringend empfehlen, sich auf seriösen Plattformen zu informieren. Die Impfung ist die einzige Chance, sich vor der Erkrankung zu schützen.

Was ist der entscheidende Mehrwert einer Anti-Corona-Impfung?
Der Mehrwert ist, dass man nicht nur sich selbst schützt, wie das etwa bei einer Zeckenimpfung der Fall ist. Nein, man hilft mit, die Pandemie zu bekämpfen! Es geht auch wirklich um den solidarischen Gedanken!

Jetzt ist endlich so etwas wie Normalität eingekehrt. Befürchten Sie für den Herbst eine neue Welle?
Bis Herbst wird sich rund die Hälfte der impfbaren Bevölkerung geimpft haben lassen. Das bringt uns einen großen Schritt im Kampf gegen die Pandemie weiter. Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto geringer wird die Gefahr sein, dass uns im Herbst ein nächster Lockdown mit all seinen negativen und dramatischen Begleiterscheinungen bevorsteht.

„BUND DRINGEND GEFORDERT“
Aufgrund der demographischen Entwicklung steigt der Bedarf an Pflegepersonal beständig. Bis 2030 werden rund 4000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt. Wie reagiert das Land darauf?
Das Land Kärnten hat bereits im Jahr 2018 eine Ausbildungs-offensive gestartet: Wir sind Vorreiter, was die neuen und zusätzlichen Ausbildungsmöglichkeiten betrifft. Allerdings ist auch der Bund dringend gefordert, die notwendigen Schritte zu setzen. Ich meine damit vor allem die Möglichkeit, an berufsbildenden höheren Schulen einen Pflegezweig anzubieten. In Kärnten sind aktuell und pro Jahr mehr als 600 Schülerinnen und Schüler in Ausbildung zu einem Pflegeberuf.

„KURZSICHTIG, UNVERANTWORTLICH“
Medien ist zu entnehmen, dass ein akuter Mangel an Ärztinnen und Ärzten herrscht. Trotzdem gibt es keinen einzigen Studienplatz mehr. Wie sehen Sie diese Situation?
Beschämend. Kurzsichtig. Und unverantwortlich. Heuer haben sich 17.823 Maturanten zum Aufnahmetest angemeldet. Das sind um weitere 224 mehr als im Rekordjahr 2020. Obgleich uns allen bewusst sein muss, wie dringend notwendig junger Medizinernachwuchs ist, hält man weiter rigoros an den 1.740 Studienplätzen fest. Es wird nicht ein einziger Platz zusätzlich angeboten. Im Klartext: Wir stehen vor der paradoxen Situation, dass wir so viele junge Menschen wie noch nie haben, deren sehnlichster Wunsch es ist, Arzt zu werden. Doch man schlägt 91 Prozent von ihnen die Tür vor der Nase zu.

WERNBERG: SOZIALPOLITISCHE ZUKUNFT
Im neuen Sozialzentrum Wernberg wurde bereits der Betrieb aufgenommen. Welche Ziele sind damit verbunden?
Kärnten hat mit diesem Sozialzentrum ein wirkliches Vorzeigeprojekt realisiert: Es ist ein Vier-Säulen-Projekt, wobei es sich bei zwei Projekten um Premieren handelt. Das ist zum einen die erste 24-Stunden-Betreuung im Bereich des Mutter-Kind-Wohnens und zum anderen das erste Tagesstätten-Zentrum für Menschen mit Hirnschädigungen im Süden Österreichs. Die anderen zwei Projekte sind Wohnverbünde für Menschen mit Behinderung und erhöhtem Pflegebedarf und das bestehende Seniorenheim. Was hier in Wernberg entstanden ist, ist das, was ich sozialpolitische Zukunft nenne!

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