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Donnerstag, 28. März 2024

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„Man beginnt am besten bei den Großeltern“

Maria Gail 1 (1999) und Maria Gail 2 (2016), Die Kirche an der Gail (1990), FrauenSpuren, Vom Bauernhof zum Altar (2021) und viele Publikationen mehr. Mirko Hofer, leidenschaftlicher Chronist in der Pfarre Maria Gail und in der Dorfgemeinschaft, liefert auch Tipps zur Ahnenforschung.

Ahnenforschung, also die Suche nach persönlichen Lebensspuren, wird immer beliebter. Welche Ratschläge können Sie den Familien- und Hobbyforschern mitgeben?
HOFER: Am besten, man fängt so an, dass man sich zuerst einmal bei den Großeltern, falls sie noch zur Verfügung stehen, nach den Vorfahren erkundigt, auch bei den Verwandten. Da bekommt man über die eigene Familie schon wichtige Ansatzpunkte. Es finden sich oft auch noch alte Fotos zur Auflockerung und Illustration der Familienchronik. Als wichtiger nächster Schritt bietet sich neben den Standesämtern vor allem das Diözesanarchiv an, das die Geburten-, Trauungs- und Sterbebücher aller Pfarren Kärntens beinhaltet.

Das heißt, ich sollte ins Diözesanarchiv nach Klagenfurt?
ein, das geht heute schon wesentlich bequemer, nämlich übers Internet. Da können die digitalisierten Pfarrmatrikeln, also die Kirchenbücher, abgefragt werden. So eröffnen sich Schritt für Schritt neue Fenster in die eigene Familiengeschichte. Ich stoße auf die Urgroßeltern und erfahre aus den Eintragungen weitere Informationen über deren Eltern und ihre Herkunft und so weiter. Allerdings sind viele Vermerke noch in der heute nicht mehr verwendeten Kurrentschrift gehalten. Das kann dann schon recht mühsam werden. Doch die Freude ist dann umso größer, wenn wieder ein zeitlicher Rückwärtsschritt gelungen ist.

„SEHR WENIG ÜBER FAMILIEN
Was ist im Landesarchiv zu erfahren?
Da ist über Familien eigentlich sehr wenig zu holen, weil ja die meisten von uns keine Besitzenden sind, schon gar nicht von jahrhundertealten Bauernhöfen. Da habe ich für meine Maria Gailer Chroniken immer nach den tradierten Bauernhofnamen, also vor allem den Vulgonamen, gesucht, und natürlich in den Urbarien als Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und die zu erbringenden Leistungen ihrer Grunduntertanen.

VOR DEM VERGESSEN BEWAHREN
Ihre Maria Gailer Chroniken umfassen zusammen weit über eintausend Seiten und eine kaum überschaubare Zahl an Fotos. Was war Ihre Motivation für diese Mammutarbeit?
Der Beweggrund für diese siebenjährige Arbeit – nur fürs erste Buch – lag für mich darin, Wichtiges vor dem Vergessenwerden zu bewahren und Vergangenes in Wort und Bild zu dokumentieren. Ein Auslöser, die große Chronik in Angriff zu nehmen, war 1992 auch die Ausstellung zur Geschichte der Maria Gailer Bürgermeister anlässlich der Eingemeindung zu Villach 20 Jahre vorher. Aus dem heraus ist die Motivation entstanden, ein größeres Werk über die Altgemeinde zu verfassen.

KORREKTUREN ZUM ABWEHRKAMPF
Welche Erkenntnisse haben Sie bei Ihren Recherchearbeiten besonders überrascht?
Mein Gott, sehr viele. Zum Beispiel habe ich herausgefunden, dass der Kärntner Abwehrkampf in Maria Gail nicht am 18. November, sondern erwiesenermaßen am 9. Dezember 1918 seinen Anfang genommen hat. Deshalb sollte der 18.-November-Platz vor der Maria Gailer Kirche eigentlich umbenannt werden. Unbekannt waren auch die neun regimekritischen NS-Opfer in der seinerzeitigen Gemeinde. Jetzt wird mit einer Gedenktafel an die Ermordeten erinnert. Überrascht hat mich darüber hinaus auch die Geschichte um den Wauberg, wo Tonscherben aus der Zeit von 3000 bis 4000 vor Christi entdeckt wurden, womit um die Erhebung bei Bogenfeld 6000 Jahre Kulturgeschichte geschrieben werden kann.

Was beinhaltet im Wesentlichen „Maria Gail 2″?
Das sind in erster Linie Ergänzungen zum ersten Band, aber auch 25 Zeitzeugenberichte, weitere alte Ansichten aus dem Bereich Maria Gail-Faaker See sowie Berichte über Ausstellungen, Künstler, Landkarten und natürlich auch die Darstellung der archäologischen Funde vom Wauberg.

175 HUBEN UND KEUSCHEN
Welche Quellen waren für Sie besonders ergiebig?
Neben den offiziellen Archiven, die mir für die große Chronik Informationen über 175 Huben und Keuschen lieferten, war mir Pater Bertram Kotnik eine sehr ergiebige Quelle. Er hatte als Kärntner Slowene eine bewegende Lebensgeschichte und hat als Hobbyhistoriker die Urpfarren des zweisprachigen Gebietes aufgearbeitet, darunter war auch die „Ur“-Pfarre Maria Gail. Als Hobbychronist hatte er ein Bücherl herausgebracht, aus dem ich noch sehr viel Neues über Maria Gail schöpfen konnte.

„GRÖSSERE KOMMUNE SCHAFFT MEHR“
Sie sind ja auch Zeitzeuge. Wie sehen Sie rückblickend den Anschluss der zuvor selbstständigen Gemeinde Maria Gail an Villach – ein für Maria Gail positiver Schritt?
Das ist für die meisten von uns etwas überraschend gekommen. Jedenfalls sehe ich das heute sehr positiv, weil es wirtschaftlich einfach viel besser ist. Die größere Kommune schafft insgesamt mehr.

Kann die Vergangenheit uns überhaupt etwas über die Gegenwart lehren?
Dazu kann ich aus meiner Lebenserfahrung heraus nur sagen: Man lernt viel, aber oft zu wenig.

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