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Samstag, 20. April 2024

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„Es gibt kein Recht zur Zerstörung der Natur“

Verantwortung ERDE schaffte bei den jüngsten Kommunalwahlen für viele überraschend fünf Mandate und ist mit Gerald Dobernig nun auch im Stadtsenat vertreten. Im Gespräch mit ihm.

Ihre Bewegung erreichte 11,4 Prozent Stimmenanteil. Worauf führen Sie diesen für viele doch unerwarteten Erfolg zurück, wofür steht Verantwortung ERDE?
DOBERNIG: Unsere Bewegung steht für einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Wir nehmen die wissenschaftlichen Erkenntnisse unserer Zeit ernst und entwickeln daraus neue Lösungsansätze. Die Wählerinnen und Wähler haben gemerkt, dass wir Menschen sind, denen es um die Sache geht und nicht um Macht und Posten.

LOKAL-GLOBALE VORGÄNGE
Wie können aus Ihrer Sicht globale Herausforderungen wie der Klimaschutz auf lokaler Ebene umgesetzt werden?
Hier gilt es zu unterscheiden, welche Herausforderungen wir lokal in unserem Lebensraum haben und welche globalen Vorgänge in Verbindung mit unserem Handeln stehen. Damit wir nicht Teil einer globalen Zerstörungsstruktur bleiben, bemühen wir uns nachdrücklich darum, dass wir unsere Grundbedürfnisse aus der Region decken können. Das heißt, wir verlassen uns nicht mehr auf ausbeuterische Strukturen in anderen Ländern, um zum Beispiel unsere Lebensmittel anzubauen. Dadurch werden wir unabhängiger und krisenfester gegenüber globalen Ereignissen wie der jetzigen Pandemie.

„ESSBARE STADT“?
Ihre Bewegung propagiert den Begriff „essbare Stadt“. Was kann man sich darunter vorstellen?
Die Idee der „essbaren Stadt“ resultiert aus Beobachtungen, die wir in ganz Österreich gemacht haben. Wir stellten fest, dass alljährlich mit enormem Aufwand große Teile des öffentlichen Raumes mit Zierpflanzen bestückt werden. In einer essbaren Bepflanzung sehen wir eine sinnvolle Variante, den Menschen regional die Notwendigkeit der Ernährungsunabhängigkeit näher zu bringen – vor allem in urbanen Bereichen, wo Menschen keinen eigenen Garten besitzen, sich aber trotzdem langsam und kleinteilig ihre Ernährungsversorgung aufbauen können.

„ERDENAMTLICH“
Wie finanziert Verantwortung ERDE ihre politische Arbeit?
Wir haben uns 2015, also von Beginn an, dafür ausgesprochen, die Förderung der demokratischen Arbeit, also die Parteienfinanzierung, anzunehmen – doch für uns verknüpft mit der Bedingung, dass wir Freiräume schaffen, die für alle Menschen zugänglich sind. Was wir über die Freiräume hinaus leisten, wird – wir nennen es so – „erdenamtlich“ erbracht. Somit hält sich für uns der Mittelbedarf in Grenzen. Aufwendungen im Zusammenhang mit Wahlen finanzieren wir privat. Alle unsere Finanzen sind auf unserer Homepage transparent dargestellt.

Es heißt, dass Sie die Hälfte Ihres Stadtratsalärs Ihrer Bewegung überlassen. Können Sie mit dieser Entscheidung leben?
Es gibt keine Verpflichtung zu einer finanziellen Abgabe. Aber es zählt zu einem Grundsatz unserer Bewegung, dass politische Arbeit nie persönlicher Bereicherung dienen darf. Daher mein Entschluss, 50 Prozent meines Nettoeinkommens für gemeinsame und gemeinnützige Projekte einzusetzen. Ich persönlich glaube, dass die Höhe der Einkünfte politischer Entscheidungsträger dazu verleiten kann, die Lebensrealität der Menschen ein bisschen aus den Augen zu verlieren.

Zuletzt war von Ihrer Seite die Schließung von der Stadttankstelle die Rede. Wie erklären Sie das einem Autofahrer, der auf günstigeres Tanken angewiesen ist?
In Zeiten der Klimakrise und Ressourcenkriege ums Öl ein Preisbrecher sein zu wollen, ist nicht unser Zugang zu einer nachhaltigen Stadt. Wenn wirklich sozial verträgliche Mobilität gefördert werden soll, dann wäre es Aufgabe der öffentlichen Hand, hochwertigen öffentlichen Verkehr für einkommensschwächere Haushalte idealerweise kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

„KEIN RECHT AUF NATURZERSTÖRUNG“
Ihrer Aussage nach soll der Umgang mit der Natur neu gestaltet werden. Welche Vorstellungen verbinden Sie damit?
Aus unserer Sicht hat sich ein politisches Weltbild eingebürgert, das die Natur als einen quasi noch nicht verwerteten Bereich des Lebensraumes sieht. Wir sehen hingegen unsere Natur bewusst als unsere Lebensgrundlage, ohne die wir nicht existieren können und uns damit auch klar machen, dass es kein Recht auf Naturzerstörungen geben darf.

„VILLACH AUF SEHR GUTEM WEG“
„Bürokratie“ ist ein Dauerthema. Welche Bereiche könnten Ihrer Ansicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger effizienter gestaltet werden?
Ich stelle in dieser Hinsicht fest, dass im Magistrat der Stadt zur weiteren Entbürokratisierung eine Reihe von Initiativen nach und nach umgesetzt werden. Ich sehe hier Villach auf einem sehr guten Weg.

Wo sehen Sie in der weiteren Verkehrsplanung die größten Herausforderungen?
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Ankündigung, eine Mobilitätswende herbeizuführen, wirklich Realität wird und wir tatsächlich zur radfreundlichsten Stadt Österreichs werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein sehr weiter Weg.

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Ihre Bewegung erreichte 11,4 Prozent Stimmenanteil. Worauf führen Sie diesen für viele doch unerwarteten Erfolg zurück, wofür steht Verantwortung ERDE?
DOBERNIG: Unsere Bewegung steht für einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Wir nehmen die wissenschaftlichen Erkenntnisse unserer Zeit ernst und entwickeln daraus neue Lösungsansätze. Die Wählerinnen und Wähler haben gemerkt, dass wir Menschen sind, denen es um die Sache geht und nicht um Macht und Posten.

LOKAL-GLOBALE VORGÄNGE
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Hier gilt es zu unterscheiden, welche Herausforderungen wir lokal in unserem Lebensraum haben und welche globalen Vorgänge in Verbindung mit unserem Handeln stehen. Damit wir nicht Teil einer globalen Zerstörungsstruktur bleiben, bemühen wir uns nachdrücklich darum, dass wir unsere Grundbedürfnisse aus der Region decken können. Das heißt, wir verlassen uns nicht mehr auf ausbeuterische Strukturen in anderen Ländern, um zum Beispiel unsere Lebensmittel anzubauen. Dadurch werden wir unabhängiger und krisenfester gegenüber globalen Ereignissen wie der jetzigen Pandemie.

„ESSBARE STADT“?
Ihre Bewegung propagiert den Begriff „essbare Stadt“. Was kann man sich darunter vorstellen?
Die Idee der „essbaren Stadt“ resultiert aus Beobachtungen, die wir in ganz Österreich gemacht haben. Wir stellten fest, dass alljährlich mit enormem Aufwand große Teile des öffentlichen Raumes mit Zierpflanzen bestückt werden. In einer essbaren Bepflanzung sehen wir eine sinnvolle Variante, den Menschen regional die Notwendigkeit der Ernährungsunabhängigkeit näher zu bringen – vor allem in urbanen Bereichen, wo Menschen keinen eigenen Garten besitzen, sich aber trotzdem langsam und kleinteilig ihre Ernährungsversorgung aufbauen können.

„ERDENAMTLICH“
Wie finanziert Verantwortung ERDE ihre politische Arbeit?
Wir haben uns 2015, also von Beginn an, dafür ausgesprochen, die Förderung der demokratischen Arbeit, also die Parteienfinanzierung, anzunehmen – doch für uns verknüpft mit der Bedingung, dass wir Freiräume schaffen, die für alle Menschen zugänglich sind. Was wir über die Freiräume hinaus leisten, wird – wir nennen es so – „erdenamtlich“ erbracht. Somit hält sich für uns der Mittelbedarf in Grenzen. Aufwendungen im Zusammenhang mit Wahlen finanzieren wir privat. Alle unsere Finanzen sind auf unserer Homepage transparent dargestellt.

Es heißt, dass Sie die Hälfte Ihres Stadtratsalärs Ihrer Bewegung überlassen. Können Sie mit dieser Entscheidung leben?
Es gibt keine Verpflichtung zu einer finanziellen Abgabe. Aber es zählt zu einem Grundsatz unserer Bewegung, dass politische Arbeit nie persönlicher Bereicherung dienen darf. Daher mein Entschluss, 50 Prozent meines Nettoeinkommens für gemeinsame und gemeinnützige Projekte einzusetzen. Ich persönlich glaube, dass die Höhe der Einkünfte politischer Entscheidungsträger dazu verleiten kann, die Lebensrealität der Menschen ein bisschen aus den Augen zu verlieren.

Zuletzt war von Ihrer Seite die Schließung von der Stadttankstelle die Rede. Wie erklären Sie das einem Autofahrer, der auf günstigeres Tanken angewiesen ist?
In Zeiten der Klimakrise und Ressourcenkriege ums Öl ein Preisbrecher sein zu wollen, ist nicht unser Zugang zu einer nachhaltigen Stadt. Wenn wirklich sozial verträgliche Mobilität gefördert werden soll, dann wäre es Aufgabe der öffentlichen Hand, hochwertigen öffentlichen Verkehr für einkommensschwächere Haushalte idealerweise kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

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Aus unserer Sicht hat sich ein politisches Weltbild eingebürgert, das die Natur als einen quasi noch nicht verwerteten Bereich des Lebensraumes sieht. Wir sehen hingegen unsere Natur bewusst als unsere Lebensgrundlage, ohne die wir nicht existieren können und uns damit auch klar machen, dass es kein Recht auf Naturzerstörungen geben darf.

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„Bürokratie“ ist ein Dauerthema. Welche Bereiche könnten Ihrer Ansicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger effizienter gestaltet werden?
Ich stelle in dieser Hinsicht fest, dass im Magistrat der Stadt zur weiteren Entbürokratisierung eine Reihe von Initiativen nach und nach umgesetzt werden. Ich sehe hier Villach auf einem sehr guten Weg.

Wo sehen Sie in der weiteren Verkehrsplanung die größten Herausforderungen?
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