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Donnerstag, 28. März 2024

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Die Männer genieren sich nicht mehr dafür

Was hat sich in der Plastischen Chirurgie verändert? Gibt es Modeerscheinungen? Wann zahlt die Kasse dazu? Welche Rolle spielen die sozialen Medien? Im Gespräch mit Prim. Univ.-Doz. Dr. Artur Worseg, Leiter der Privatklinik Wien-Währing.

Welche Behandlungsschwerpunkte beziehungsweise welche Bereiche deckt Ihre Plastische Chirurgie in Wien-Währing ab?
DR. WORSEG: Wir sind eine Betten führende Klinik mit 30 Betten, welche als Belegklinik hauptsächlich chirurgische Fächer abdeckt. In der plastischen Chirurgie decken wir das gesamte Spektrum der plastischen, rekonstruktiven und ästhetischen Chirurgie und Medizin ab, wobei über 20 plastisch-chirurgische Belegärzte unterschiedlichste Schwerpunkte abdecken.

SITUATION HAT SICH KONSOLIDIERT
Spüren Sie die Corona-Krise, wirkt sie sich in irgendeiner Form auf die Plastische Chirurgie aus?
Beim ersten Lockdown im März letzten Jahres haben wir aufgrund der unsicheren Situation fast keine Patienten mehr aufgenommen, in der jetzigen Phase hatten wir im Herbst zwar einen gewissen Einbruch an Patienten, mittlerweile hat sich die Situation aber konsolidiert.

„ES HAT SICH SEHR VIEL GETAN“
Sind, was die Schönheitseingriffe betrifft, Trends feststellbar, also Modeerscheinungen?
Ich merke, dass in den letzten Jahren Eingriffe am Gesicht wie etwa Faltenbehandlungen, aber auch Facelifting, Oberlider und so weiter deutlich zunehmen. Einerseits hat sich hier die Technik geändert, sodass die Patienten nun nicht mehr unnatürlich und fratzenhaft wirken, andererseits scheint doch die Baby-Boomer-Generation langsam auf den Geschmack gekommen zu sein. Ganz stark nehmen so genannte regenerative Behandlungen zu. Beispiele sind etwa Brustvergrößerungen und Gesäßvergrößerungen mittels Eigenfett, aber auch das gesamte Spektrum der Nanofett- und Stammzellbehandlung zur Verbesserung der Hautstruktur im Gesicht, Hals und Dekolleté.

„MÄNNER GENIEREN SICH NICHT MEHR“
Es sollen immer mehr Männer den Schönheitschirurgen aufsuchen. Was wollen sie hauptsächlich an ihrem Äußeren verbessern, wie hoch ist ihr Anteil?
Der Anteil der Männer hält sich bei etwa 20 Prozent. Ich würde sagen: Tendenz in den letzten Jahren gleichbleibend. Allerdings stehen Männer, die in meine Ordination kommen, zunehmend zur Tatsache, dass sie einen kosmetischen Eingriff wollen und genieren sich nicht mehr dafür. Häufige Eingriffe sind Oberlider, Nase, Ohren, Fettabsaugungen, Hauttransplantationen und Facelifting.

„GESELLSCHAFTLICH AKZEPTIERT“
Sie haben in der Plastischen Chirurgie schon gut ein Vierteljahrhundert Berufserfahrung. Was hat sich von den Anfängen her bis heute verändert?
Es wird heute mehr darüber gesprochen. Schönheitschirurgische Eingriffe sind mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert. Die Menschen selbst haben sich nicht verändert, Körperbildstörungen, Unsicherheiten, Probleme mit der Körperveränderung durch Alter oder Schwangerschaften, Gewichtsschwankungen und vielleicht ein bisschen mehr gesellschaftlicher Druck als früher ist zu spüren.

ZAHLT DIE KASSE DAZU?
Schönheitseingriffe sind für viele unerschwinglich. Gibt es Fälle, in denen die Kasse die Kosten übernimmt?
Die Kassen übernehmen dann die Kosten für einen ästhetischen Eingriff, wenn er medizinisch indiziert ist. Das kann entweder bei schweren, bereits bestehenden oder drohenden psychischen Belastungssyndromen der Fall sein, aber auch bei funktionellen Beschwerden wie etwa Wirbelsäule, Haltungsproblemen durch übergroße Brüste oder Fettpolster an den Beinen. Bei großer Gewichtsabnahme nach Magenverkleinerung zahlt auch häufig die Kasse einen Teil der Operation zur Entfernung der überschüssigen Haut.

SILICON-IMPLANTATE
Plastische Chirurgie steht landläufig vielfach für Brustvergrößerungen. Kann eine Vergrößerung auch korrigiert werden?
Ich habe das Gefühl, dass durch laufende Diskussionen in sozialen Foren die unkritische Entscheidung zu einer Brustvergrößerung mittels Silicon-Implantaten etwas zurückgeht. Ich entfernte in den letzten Jahren sehr viele Silikon-Implantate, teilweise wegen Problemen wie Verkapselung, Rupturen oder einfach durch Veränderungen der Brust nach Schwangerschaften und durch Alter, welche das ursprüngliche Erscheinungsbild verändern.

„DIE NASE KANN NICHTS DAFÜR“
„Deine Nase kann nichts dafür – Wie wir uns vor dem Schönheitswahn retten“: Was wollen Sie mit diesem Buch zum Ausdruck bringen?
Dieses Buch richtet sich primär an potenzielle Patienten, welche vor der Entscheidung stehen, sich einem ästhetischen Eingriff zu unterziehen, zumindest darüber nachdenken sollten, warum sie dies machen. Nicht selten werden Entscheidungen kurzfristig getroffen, etwa im Rahmen von Trennungen oder auch aus anderen Gründen, welche die momentane Lebenssituation erschweren. Die Hoffnung, durch einen ästhetischen Eingriff sein Leben in den Griff zu bekommen, erfüllt sich dabeimeistens nicht.

VON DER KLINIK IN DIE BUSCHENSCHANK
Medien ist zu entnehmen, dass Sie in Wien einen eigenen Buschenschank unterhalten. Wie ist es dazu gekommen – ein Ausgleich zu Ihrer medizinischen Tätigkeit?
Der Buschenschank und die dazugehörigen Weinberge geben mir auch ein bisschen das Gefühl, am Land und damit wohl auch in Kärnten, wo ich ja geboren und aufgewachsen bin, zu sein. Neben meiner Arbeit in der Klinik, der Familie und meinen Patienten wird mir das alles aber schon manchmal zu viel – und Kärnten ist doch was anderes als ein Buschenschank in Wien.

„MEIN SECHSTER SINN…“
Wann würden Sie eine Operation ablehnen?
Es gibt viele Gründe, eine Operation abzulehnen – technische, menschliche, ethische oder finanzielle. Der wichtigste Grund allerdings ist mein Gefühl und „sechster Sinn“, der mich nicht selten davon abhält, Operationen anzunehmen.

DIE ROLLE DER SOZIALEN MEDIEN
Welche Rolle spielen soziale Medien in der Schönheitschirurgie?
Soziale Medien spielen eine große Rolle in der heutigen Zeit. Ich denke aber, dass hier auch viel übertrieben und überbewertet wird. Bewertungsplattformen sind größtenteils manipuliert, und die peinlichen Postings vieler Kollegen vermitteln manchmal Gänsehaut. Am Ende bringt immer noch ein zufriedener Patient einen anderen Patienten. Außerdem sagte mir mein 16-jähriger Paris, das soziale Medien schon längst uncool sind.

ORDINATION IM WARMBADERHOF
Sie sind geborener Drautaler und auch im Drautal aufgewachsen. Auf welche Weise sind Sie noch mit Ihrer Heimat verbunden?
Im meinem Herzen bin ich extrem mit meiner Heimat verbunden. Wann immer ich einen Kärntner treffe, rede ich viel zu lange mit ihm. Ich bin auch regelmäßig in meiner Ordination im Warmbaderhof in Villach. Die weite Anreise und Rückreise sind es mir 100 Mal wert. Natürlich träume ich davon, irgendwann wieder nach Hause zu kommen – die Zeit wird es zeigen.

Was hätte ich Sie noch fragen sollen?
Schade, dass der Villacher Fasching heuer nicht in gewohnter Weise stattgefunden hat – lei-lei!

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